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Gestaltungsmöglichkeiten wahrnehmen - Der Gläubigerausschuss im Insolvenzverfahren

Gestaltungsmöglichkeiten wahrnehmen - Der Gläubigerausschuss im Insolvenzverfahren

An Gläubigerausschussmitglieder werden wichtige, aber auch erfüllbare Anforderungen gestellt: Wirtschaftliches Know How, Branchenkenntnisse, Erreichbarkeit, Verschwiegenheit, aber auch juristische bzw. insolvenzrechtliche Grundkenntnisse sind von Vorteil, um seiner Verantwortung im Gläubigerausschuss gerecht zu werden. Der Gläubigerausschuss hat viele weitreichende Kompetenzen, um ein Insolvenzverfahren zu begleiten und zu beeinflussen. Die Vorteile, die ein Gläubiger durch sein Engagement im Ausschuss erzielen kann, wiegen evtl. Nachteile meist auf. Zudem ist es möglich (und sinnvoll), entsprechend erfahrene professionelle Vertreter in den Gläubigerausschuss zu entsenden. Geprüfte ESUG-Berater sind durch ihre Erfahrung und Ausbildung prädestiniert, Gläubigerinteressen wirksam zu vertreten.

Änderung im Insolvenzrecht durch Einführung des ESUG

Mit Inkrafttreten des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) am 01.02.2012 hat der Gesetzgeber zentrale Hebel im Insolvenzrecht verändert: nach wie vor steht richtigerweise die Befriedigung der Gläubiger im Vordergrund, die Erhaltung von sanierungsfähigen, sanierungswürdigen und sanierungsbereiten Unternehmen erfuhr zudem sinnvollerweise eine wesentliche Aufwertung. Die Schwerpunkte des ESUG bestehen deshalb in der Erleichterung der Sanierung von Unternehmen u.a. durch vereinfachte Anordnungsvoraussetzungen für eine Eigenverwaltung, durch einen stärkeren Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des (vorläufigen) Insolvenzverwalters/Sachwalters, einem erleichterten und bereits in das Eröffnungsverfahren vorverlagerten Gestaltungsrahmen zur Eigenverwaltung sowie dem Ausbau und der Straffung des Insolvenzplanverfahrens. Um Vorbehalte gegenüber den Möglichkeiten der Eigenverwaltung Rechnung zu tragen, wurde versucht, das Interesse an einer Beteiligung der Gläubiger an der Sanierung des betroffenen Unternehmens zu beleben.

Eigenverwaltung ist bei professioneller Anwendung ein wirksames Instrument der Sanierung

Die Vorverlagerung der Eigenverwaltung in das Eröffnungsverfahren (Phase zwischen Insolvenzantragstellung und Eröffnung) bringt dem vorausschauend planenden und handelnden Unternehmen zwei Varianten verfahrenssicher zu gestaltender Wege in ein Verfahren, das nach der Befriedigung der Gläubiger den Erhalt des Unternehmens zum Ziel hat: der gerichtliche Schutzschirm nach § 270 b der Insolvenzordnung (InsO) sowie das vorläufige Eigenverwaltungsverfahren nach § 270 a InsO. Dass dieser Weg bei entsprechend professioneller Planung auch in der Praxis gut umgesetzt werden kann, haben die Erfahrungen der letzten Jahre nachdrücklich gezeigt. Auf die Unterschiede der beiden genannten Verfahrensvarianten soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Beiden Varianten ist jedoch gemeinsam, dass ein vorläufiger Gläubigerausschuss wesentliches Element für die erfolgreiche Umsetzung dieser Verfahren ist.

Die Einsetzung des Gläubigerausschusses

Die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses wird vom Insolvenzgericht verfügt. Interessant dabei ist, dass ein noch nicht vom Gericht eingesetzter, präsumtiver vorläufiger Gläubigerausschuss bereits durch Beschlüsse Empfehlungen an das Insolvenzgericht aussprechen kann. Durch die Einsetzung dieses Gläubigerausschuss im Eröffnungsverfahren werden diese Empfehlungen z.B. für die Anordnung eines Eigenverwaltungsverfahrens binden ("Wird der Antrag von einem einstimmigen Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses unterstützt, so gilt die Anordnung nicht als nachteilig für die Gläubiger"). Im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens erhält der vorläufige Gläubigerausschuss ein Vorschlagsrecht für den Sachwalter. In der Praxis wird die Durchführung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung ohne die Beteiligung eines Gläubigerausschuss nicht sinnvoll sein.

Das Gericht kann die Einsetzung eines Gläubigerausschusses nur ablehnen, wenn restriktive Bedingungen vorliegen: wenn der Geschäftsbetrieb bereits eingestellt ist (dann macht natürlich auch eine Eigenverwaltung keinen Sinn mehr, bei Unverhältnismäßigkeit im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse (was sich bei einer positiven Zukunftsaussicht des betroffenen Unternehmens relativiert) und wenn die Einsetzung zu einer zeitlichen Verzögerung des Verfahrens und dadurch zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führen würde. Dies kann durch eine gute Vorbereitung der Antragsunterlagen vermieden werden. Fazit hierzu: bei professioneller Vorbereitung für ein Unternehmen, das sanierungswürdig und sanierungsfähig scheint, wird ein (vorläufiger) Gläubigerausschuss regelmäßig eingesetzt werden.

Dauer der Tätigkeit des Gläubigerausschusses

Mit dem Übergang des Verfahrens vom Eröffnungsverfahren in das eröffnete, also das eigentliche Insolvenzverfahren endet das Amt der Gläubigerausschussmitglieder automatisch. Das Gericht muss mit dem Eröffnungsbeschluss neu über den Gläubigerausschuss bzw. seine Mitglieder bestimmen. In aller Regel wird dieser mit Personenidentität neu eingesetzt. Die Einsetzung und die Besetzung des Gläubigerausschusses ist dann noch von der Gläubigerversammlung zu bestätigen bzw. zu verändern.

Grundsätzlich muss die Tätigkeit des Gläubigerausschusses nicht mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens, also mit der Aufhebung des Verfahrens enden. Insbesondere bei der Überwachung der Durchführung eines beschlossenen Insolvenzplanes ist nicht nur aus Gläubigersicht die Fortsetzung der Tätigkeit des Gläubigerausschusses als sinnvoll zu erachten und mit entsprechenden Vereinbarungen im laufenden Insolvenzverfahren vorzubereiten.

Was spricht für die Teilnahme eines Gläubigers im Gläubigerausschuss?

Wenn ein Gläubiger von Zahlungsschwierigkeiten des Schuldners erfährt, überwiegt zunächst der Ärger bzw. die Befürchtung, eigene Forderungen zu verlieren. Institutionelle Gläubiger wie Krankenkassen, Bundesagentur für Arbeit, Pensionssicherungsverein, aber auch Banken und Sparkassen haben für diese Fälle professionelle Prozesse installiert, um ihre Ansprüche möglichst weitgehend zu sichern. „Normale“ Wirtschaftsunternehmen sind in aller Regel hier nicht so gut aufgestellt. Dabei kann die Bedeutung der Mitgliedschaft im (vorläufigen) Gläubigerausschuss gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sowohl durch den Informationsvorsprung, den ein Mitglied im Gläubigerausschuss hat, als auch durch den Einfluss auf die Gestaltung des Insolvenzverfahrens kann die Durchsetzung der eigenen Forderung bzw. die Gestaltung der zukünftigen Geschäftsmöglichkeiten spürbar beeinflusst werden. Dies manifestiert sich in der Einflussnahme auf die Abwicklungspolitik und die konkreten Handlungsmöglichkeiten des Verwalters/Sachwalters, den Abschluss konkreter Rechtsgeschäfte und die Verwertungskompetenzen in Einzelfragen. Um hier aber auch eine missbräuchliche Gestaltung möglichst weitgehend auszuschließen, gibt es Vorschriften, die die Besetzung von Gläubigerausschusspositionen einschränken.

Anforderungen an die Mitglieder des (vorläufigen) Gläubigerausschusses

Neben den notwendigen Branchenkenntnissen, die u.a. erforderlich sind, um die Realisierungsfähigkeit des Insolvenzplanes einschätzen zu können und beratend auf die Gestaltung Einfluss nehmen zu können ist für eine wirksame Tätigkeit des Gläubigerausschusses wichtig, dass die Mitglieder professionell handeln und entscheiden und nicht nur das Eigeninteresse ohne Rücksicht auf das Gesamtinteresse aller Gläubiger achten. Daher ist in diesem Gremium auf die Ausgewogenheit aller Interessen zu achten.

Eine weitere wichtige Voraussetzung für die Mitgliedschaft in allen Führungs-, Beratungs- und Aufsichtsgremien so auch im Gläubigerausschuss ist die Verschwiegenheit gegenüber Dritten. Bei Verstößen gegen diese Verschwiegenheitspflicht ist nicht nur mit der Entlassung aus dem Gremium zu rechnen, auch Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche können geltend gemacht werden.

Von Vorteil für die Arbeit des Ausschusses ist es, wenn im Gremium insolvenzrechtliche Kompetenzen vertreten sind. Je breiter der Wissens- und Erfahrungsschatz in diesem Bereich ist, um so intensiver kann einen Unterstützung und eine gleichzeitige Fehlerkontrolle zur Vermeidung von Haftungsrisiken von Verwalter, Sachwalter und Gläubigerausschussmitgliedern erfolgen.

Eigentlich selbstverständliche, aber nicht zu unterschätzende Probleme verursachende Voraussetzungen sind eine gute Erreichbarkeit der Gläubigerausschussmitglieder sowie eine hohe Bereitschaft, sich in die Arbeit des Ausschusses einzubringen. Gerade wenn zeitnah Entscheidungen getroffen werden müssen, kann die Erreichbarkeit einen wichtigen Aspekt darstellen.

Rechte des Gläubigerausschusses

Bei der Bestimmung des Insolvenzverwalters/Sachwalters hat ein (vorläufiger) Gläubigerausschuss je nach Verfahrensart erhebliche Einflussmöglichkeiten, die sich in Anhörungspflichten und Vorschlagsrechten darstellt. In der Regel wird sich das Gericht an vorgeschlagene Personen halten. Abweichungen werden stets fundiert begründet sein.

Durch die Pflicht des Gläubigerausschusses, den Insolvenz- bzw. Eigenverwalter bei der Geschäftsführung zu überwachen und zu unterstützen, und daraus folgend die Pflicht, sich jederzeit über den Geschäftsgang unterrichten zu lassen und sich ein eigenes Bild über das Unternehmen zu machen, bestehen natürlich auch weitgehende Informationsrechte für die Mitglieder des Gläubigerausschusses. Bei Pflichtverstößen des Verwalters ist der Gläubigerausschuss aufgerufen zu handeln, die Rechte hierzu gehen weit, bis zum Recht, einen Antrag auf Entlassung des Insolvenz- bzw. Eigenverwalters zu stellen.

Weitere Rechte sind u.a. neben den bereits genannten Informations- und Auskunfts- und Vorschlagsrechten auch Prüfungsrechte (z.B. Recht auf Kassenprüfung, Recht auf Prüfung der Schlussrechnung), das Recht auf Beteiligung am zu erarbeitenden Insolvenzplan und damit die Möglichkeit, die Insolvenzquote zu beeinflussen und Zustimmungsvorbehalte, ohne die ein Verwalter bestimmte Geschäfte nicht tätigen darf und ohne die ein Verwalter relevante Rechtsstreite nicht eingehen oder abschließen darf.

Das Verhältnis von Gläubigerausschuss und Gläubigerversammlung

Der Gläubigerausschuss unterliegt grundsätzlich nicht den Weisungen der Gläubigerversammlung. Allerdings hat die Gläubigerversammlung das Recht, den (vorläufigen) Gläubigerausschuss zu ersetzen oder einzelne Mitglieder daraus abberufen zu lassen. Allerdings herrscht in der Literatur die Meinung vor, dass ein bereits gewählter bzw. bestätigter Gläubigerausschuss nicht mehr möglich ist. Änderungen in der Zusammensetzung haben also bereits zu Beginn der Tätigkeit der Gläubigerversammlung zu erfolgen. Im weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens kann die Gläubigerversammlung beim Gericht die Entlassung einzelner Mitglieder aus wichtigem Grund beantragen. Daher unterliegt der Gläubigerausschuss zumindest mittelbar einem erheblichen Einfluss durch die Gläubigerversammlung.

Haftung des Gläubigerausschusses

Ein wichtiges Thema für Gläubigerausschussmitglieder ist die Haftung der Mitglieder des Ausschusses für ihre Handlungen oder Unterlassungen. Haftungstatbestände sind ausschließlich insolvenzspezifische Pflichten. Darin eingeschlossen sind Pflichten aus Regelungszusammenhängen, die somit von der Rechtsprechung entwickelte Kriterien einschließen, wie z.B. die Verschwiegenheitspflicht als Teil der Treuepflicht. Die Überwachungs- und Unterstützungspflicht des Gläubigerausschusses beschränkt sich nicht auf eine Rechtskontrolle der Geschäftsführung des Insolvenz- bzw. Eigenverwalters, sondern erstreckt sich ebenso auf die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung. Bei Schäden kommt es in der Regel zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der Verursacher, also des gesamten Gläubigerausschusses, oder von mehreren einzelnen Mitgliedern gemeinsan, die den jeweiligen Schaden durch Tun oder Unterlassen verursacht haben. Daher werden erfahrene Gläubigerausschussmitglieder und auch Insolvenz- oder Eigenverwalter darauf bestehen, dass für den Gläubigerausschuss bzw. dessen Mitglieder eine entsprechend umfassende Haftpflichtversicherung abgeschlossen wird, die von der Gesellschaft getragen wird. Zu beachten ist allerdings, dass diese Versicherung niemals eine generelle Freistellung von jeglichen Haftungsrisiken bedeuten kann, bei groben Pflichtverletzungen kann ein Ausschluss des Versicherungsschutzes eintreten.

Entsendung externer fach- und sachkundiger Vertreter in den Gläubigerausschuss möglich

Dennoch, trotz dieser Haftungsrisiken, sollte die Bereitschaft der Gläubiger, aktiv an der Sicherung bzw. Mehrung der Masse durch die Bereitschaft zur Mitarbeit im Gläubigerausschuss hoch sein. Die Voraussetzungen, die an die Gläubigerausschussmitglieder gestellt werden, sind gegeben, aber nicht so hoch, dass nicht ein durchschnittlich engagierter Verantwortlicher eines Gläubigers diese Bedingungen erfüllen würde. Zur Sicherung der eigenen Ansprüche und zum Aufbau einer langfristigen und zukünftig ertragreichen Geschäftsbeziehung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ist eine Mitwirkung an der Gestaltung des Insolvenzverfahrens und an den Insolvenzplan zudem äußerst hilfreich. Wenn die Meinung besteht, die eigenen rechtlichen Kenntnisse seien nicht ausreichend, oder die zeitliche Inanspruchnahme durch die Mitarbeit im Gläubigerausschuss sei zu hoch, spricht auch nichts dagegen, seine Rechte (und Pflichten) im Gläubigerausschuss durch einen rechtlich und wirtschaftlich erfahrenen externen Vertreter wahr nehmen zu lassen. Geprüfte ESUG-Berater erfüllen die Anforderungen, die an Ausschussmitglieder gestellt werden. Der Einwand, auch noch Beraterhonorare zusätzlich zu den verlorenen Forderungen aufzuwenden läuft ins Leere, da die Gläubigerausschussmitglieder von der betroffenen Gesellschaft vergütet werden.

Wenden Sie sich an Herbert A. Geiger, Geschäftsführer der geiger company compass GmbH, dort werden Sie auch in diesen Fragen eingehend beraten.

Wer sich selber weitergehend informieren will, dem sei an dieser Stelle das Büchlein „Der (vorläufige) Gläubigerausschuss – Ein Leitfaden für Ausschussmitglieder und weitere insolvenzrechtliche Vorschriften“ von Robert Buchalik und Prof. Dr. Hans Haarmeyer empfohlen.

 

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