Unternehmenskrisen früh erkennen – und als Chance sehen
von Herbert A. Geiger
Beim Systemischen Dialog des 4. Deutschen Gläubigerkongresses im Juni 2015 in Köln haben die Teilnehmer versucht, die Ursachen für einen weit verbreiteten Verdrängungsmechanismus zu erörtern. Die Erfahrung mit Sanierungsfällen zeigt, dass Unternehmer sehr dazu neigen, Krisensignale nicht ernst zu nehmen, bzw. schön zu reden oder aber zu ignorieren. Als einer von mehreren Punkten, der zu Verdrängung führt, wurde eine der wesentlichen unternehmerischen Grundeinstellungen identifiziert: Optimismus. Ein Unternehmen kann nur dann erfolgreich in die Zukunft geführt werden, wenn die Verantwortlichen grundsätzlich optimistisch nach Vorne schauen. Allerdings darf diese Einstellung nicht dazu führen, dass Krisenwarnsignale nicht ernst genommen werden! Als zweiter wichtiger Punkt wurde eine oft unvollständige Kenntnis der Krisensignale identifiziert. Wer sich nicht bewusst ist, in welche Lage er sich befindet, hat es natürlich schwer, entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Nach Angaben von Creditreform ist die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen auf dem niedrigsten Stand seit über 10 Jahren. So wurden im Jahr 2014 noch ca. 24.000 Insolvenzverfahren angemeldet, so schätzt Creditreform für das 1. Halbjahr 2015 mit einem nochmaligen Rückgang um ca. 8 %. In den letzten Monaten hat sich leider wieder eine Trendumkehr abgezeichnet, eine Situation, in denen es um die weitere Existenz von vielen Unternehmen geht.
Dennoch, die Entwicklung ist grundsätzlich positiv, ein gutes Umfeld mit einer stabilen Konjunktur dürfte der Grundstein dafür sein. Jeder aber weiß, dass die wirtschaftliche Entwicklung immer von zyklischen Schwankungen begleitet wird. Auf gute Zeiten werden auch wieder schlechtere Zeiten folgen. Wohl dem, der dafür gewappnet ist.
Leider fällt es erfahrungsgemäß in vielen Unternehmen schwer, in Zeiten boomender Konjunktur Krisenzeichen zu erkennen und richtig zu deuten – und daraus die gebotenen Maßnahmen abzuleiten. Verständlicherweise überlagern die Tagesprobleme, in denen es oftmals eher um Kapazitätsprobleme geht, die analytische Aufbereitung von Signalen, aus denen eine oftmals schleichend einsetzende Krise erkannt werden könnte.
Wenn erste Probleme auftreten
Am Anfang einer Unternehmenskrise ist es meist schwierig, die Signale richtig zu deuten, da immer auch Ursachen verantwortlich sein könnten, die nichts mit einer beginnenden Krise zu tun haben. Dennoch gilt es insbesondere bei gehäuftem Auftreten von Warnsignalen, ein besonderes Augenmerk auf diesen Themenbereich zu legen und sich entsprechende Gegenstrategien zu erschließen:
-
Rückgang von Marktanteilen
-
Verlust von Stammkunden
-
Technologischer Rückstand entsteht/nimmt zu
-
neue Gesetze/Richtlinien betreffend Unternehmen oder Produkten
-
steigende Personalfluktuation
-
persönliche Differenzen im Management
-
Verzögerung wichtiger Entscheidungen
-
kein oder ein veraltetes Unternehmensleitbild
-
kein oder unzureichendes Controlling
Die Anzeichen verdichten sich
Diese und weitere Signale deuten auf den Anfang einer möglichen Krise hin, durch weitere Hinweise verdichten sich dann die Anzeichen, dass die sich Krise womöglich schon in einem weiteren Stadium befindet:
-
Auftrags-/Umsatzrückgang
-
zunehmender Preis- und Wettbewerbsdruck
-
Vertriebs- und Marketingkonzept zeigt Schwächen
-
Kapazitätsauslastung sinkt
-
Produktqualität nimmt ab
-
Kundenbeschwerden nehmen zu
-
Vertriebssteuerung mit fehlendem/falschen Anreizsystem
-
Außendienstmitarbeiter kündigen
Allerhöchste Aufmerksamkeit erforderlich
Grundsätzlich gilt: je früher in einer Unternehmenskrise reagiert wird, desto leichter und weniger rigoros sind die zu ergreifenden Maßnahmen. Je tiefer ein Unternehmen in eine Krise gerät, desto schwieriger und umfassender müssen die Gegenmaßnahmen sein. Sollten also bereits Signale wie die nachfolgend aufgeführten Hinweise zu verzeichnen sein, gilt es allerhöchste Aufmerksamkeit auf die notwendigen Aktionen zu verwenden:
-
Lieferanten kürzen Zahlungsziele oder verlangen Vorauskasse
-
Liefertreue nimmt ab
-
schlechtere Lieferkonditionen
-
hohe Außenstände
-
steigender Forderungsbestand
-
unzureichendes Mahnwesen
-
häufigere Rückfragen durch die Bank
-
zusätzliche Besicherungen werden verlangt
-
Ausgaben übersteigen die Einnahmen
-
Rechnungen werden nicht mehr termingerecht bezahlt
-
Kreditlinie wird überzogen
Allerspätestens in diesen Fällen ist eine Unternehmenskrise deutlich erkennbar. Eine allzu menschliche Reaktion auf die ersten Krisensignale ist sehr oft die Verdrängung. Warum aber reagieren so viele Unternehmen im Krisenfall erst so spät – und sehr oft zu spät reagieren? Die Antwort auf diese Frage ist nicht einfach. In der Einleitung haben wir bereits zwei Ursachen angesprochen: Unkenntnis und Verdrängung. Beide Punkte sollten relativ einfach abzustellen sein.
Was ist also zu tun? Die erste und wichtigste Maßnahme ist eindeutig: die Verantwortlichen müssen sich die Situation bewusst machen! Keine Verniedlichung, keine Ausflüchte, keine Verdrängung! Eine Verweigerung der Einleitung von Maßnahmen nach dem Kölschen Motto „es hätt noch immer jott jejange“ ist in diesem Falle fehl am Platz.
Akzeptieren Sie innerlich die Krise - und nehmen Sie sie als Chance für eine bessere Zukunftsorientierung!
Eine Krise muß erkannt und akzeptiert werden, damit sie genutzt werden kann, um das betroffene Unternehmen besser aufzustellen. Hierbei ist es nahezu immer auch von Vorteil, sich betriebswirtschaftlichen Sachverstand von außen ins Haus zu holen. So wird nicht nur „Betriebsblindheit“ vermieden, sondern vor allem ein unbefangener Blick auf den IST-Zustand von außen ermöglicht. Der Unternehmer selbst ist meist zu nah am Geschehen, um den nötigen Abstand für eine rationale Sicht auf die Dinge zu bekommen.
Wer die beginnende Krise als Chance sieht, sein Unternehmen für die weitere Zukunft besser aufzustellen, kann energisch Maßnahmen einleiten und umsetzen und so die Erfolgspotentiale seines Unternehmens sichern. Gerne helfen wir Ihnen beim Aufbau eines Frühwarnsystems und bei der Entwicklung von Abwehrstrategien! Wenden Sie sich einfach an uns, wir helfen Ihnen gerne!
Seien Sie auch gespannt auf meinen nächsten Artikel, in dem ich Ihnen eine Möglichkeit vorstellen werden, wie Sie die Früherkennung von Unternehmenskrisen bzw. deren Vorläufer systematisch und rechtzeitig angehen sollten und damit schon vor dem Auftreten der ersten Probleme Maßnahmen entwickeln können, wie diesen zu begegnen ist.